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Sicherheit im Atrium unter Palmen – Brandschutz für das neue Deutschlandhaus

Es ist eines der markantesten Gebäude der Hamburger Innenstadt: das Deutschlandhaus am Gänsemarkt. Während die Abrissarbeiten des bestehenden Baus bereits in vollem Gange sind, erteilte die Stadt die Baugenehmigung für den Neubau. Hadi Teherani Architects hat die runden Fassaden-Formen des historischen Gebäudes bewusst übernommen. Neu ist ein 1.000 qm großes, öffentlich zugängliches Atrium. Hier sollen 20 Meter hohe Palmen, ein umlaufendes Wasserbecken und ein 35 Meter hohes Kuppeldach mediterranes Flair verströmen.  


hhpberlin hat die Bauplanung von Anfang an eng begleitet und das Brandschutzkonzept erstellt. Rückgrat des Konzepts ist eine Rauch- und Brandsimulation für das offene Atrium, die mit dem Simulationsprogramm FDS erstellt wurde. “Ziel unserer Arbeit war es, nachzuweisen, dass bei einem Brand innerhalb des Atriums ein Brandüberschlag ebenso verhindert wird wie die Ausbreitung des Rauchs in die Bürogeschosse, die an das Atrium angrenzen,” so Michael Winkler, Fachplaner für vorbeugenden Brandschutz.


Zwei Gebäudeteile mit verschiedenen Nutzungen 


Das Gebäude ist aufgrund der Höhe und des offenen Atriums als Sonderbau einzustufen. Es besteht aus zwei Gebäudeteilen, dem Bürogebäude mit Atrium im Osten und dem westlich davon angeordneten Wohngebäude. Auf einer Bruttogrundfläche von 40.000 qm entstehen Büros, Einzelhandel, Gastronomie sowie 30 Wohnungen. Die beiden Untergeschosse bieten Platz für eine Großgarage sowie Lager- und Technikräume. 


Im 1. Obergeschoss befindet sich die Plaza mit den Wasserflächen und Palmen. Oberhalb der Plaza verbindet das Atrium die darüberliegenden neun Geschosse miteinander. Die angrenzenden Büro- und Verwaltungsflächen sind durch eine innenliegende Glasfassade vom Atrium getrennt. 


Erschließung und Entfluchtung 


Die Erschließung des Gebäudes erfolgt über die vier Erschließungskerne mit Sicherheitstreppenräumen und (Feuerwehr-)Aufzügen. Darüber hinaus sind im Erdgeschoss direkte Zugänge geplant. Eine interne Treppe verbindet das Erdgeschoss mit der Plaza im 1. Obergeschoss. Das Wohngebäude ist durch eine innere Brandwand von dem angrenzenden Deutschlandhaus brandschutztechnisch getrennt. Die Erschließung erfolgt über einen weiteren Sicherheitstreppenraum und Feuerwehraufzug.  


Die Rettungswege werden baulich sichergestellt. Es sind keine Aufstellflächen für tragbare Leitern oder Hubrettungsfahrzeuge erforderlich. Für das Aufstellen der Feuerwehrfahrzeuge sowie die Entwicklung des Feuerwehreinsatzes steht das öffentliche Straßenland zur Verfügung.


Entrauchung und Brandausbreitung 


Ermöglicht wird die offene Bauweise unter anderem durch die - mit Ausnahme des Wohngebäudes - flächendecke Sprinklerung und die automatische Brandmeldeanlage. Wichtiger Teil des Brandschutzkonzepts ist eine brandschutztechnische Detailstellungnahme zum Nachweis der ausreichenden Rauchableitung aus dem Atrium sowie zur Festlegung des minimal erforderlichen Feuerwiderstands der tragenden Bauteile des Atriumdaches. Dank der geplanten Brandmelde- und Sprinkleranlage konnte bei der Simulation ein geringeres Brandszenario angesetzt werden.


Das Atrium hat im 1. Obergeschoss eine ellipsoide Form und verändert in den einzelnen Geschossen seine Form bis hin zu einer Kreisform im Dachbereich. Durch das geplante Atriumdach können die Rauchgase nicht ungehindert abströmen, wie es bei einem offenen Innenhof der Fall wäre. Es kommt zu einer Rauchgasschichtbildung und so zu einer äußeren thermischen Beanspruchung der Atriumverglasung in den Bürogeschossen.  


Auf Grundlage der Rauchschichttemperatur wurde mithilfe einer Simulation die thermische Beanspruchung der Atriumverglasung ermittelt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Oberflächentemperaturen der Atriumverglasung aufgrund der thermischen Beanspruchung eines Brandes auf der Plaza maximal 50°C betragen. Ein Versagen der Atriumverglasung kann somit ausgeschlossen werden. Eine Brandübertragung ist prinzipiell auch aufgrund der Wärmestrahlung durch die intakte Atriumverglasung möglich. Aufgrund der maximalen Rauchschichttemperatur von 55°C ist dies jedoch auszuschließen.   


Auf Grundlage der Rauchschichthöhe wurde festgelegt, welche Öffnungen der Atriumfassade automatisch schließen müssen, um einen Raucheintrag in die Bürogeschosse zu verhindern.  


Um den minimal erforderlichen Feuerwiderstand zu ermitteln, wurde ein Brand in der höchstgelegenen und größten Büronutzungseinheit im 9. Obergeschoss simuliert. Hier liegt der geringste vertikale Abstand zum Dachtragwerk vor und somit würde ein Brand an dieser Stelle aller Voraussicht nach die höchsten Temperaturen am Atriumdach erzeugen.   


Die in der Simulation festgestellten Bauteiltemperaturen wurden dem Tragwerksplaner für eine weiterführende Dimensionierung des Dachtragwerks übergeben. Hierdurch kann sichergestellt werden, dass das Dachtragwerk bei einer Naturbrandeinwirkung nicht versagt. 


Fazit


In Verbindung mit dem Brandschutzkonzept konnte der Entwurf von Hadi Teherani Architects mit nur minimalen brandschutztechnischen Anforderungen bei Einhaltung der Schutzziele umgesetzt werden. Diese konnte über den Nachweis der Computersimulation bestätigt werden. Es zeigte sich einmal mehr, welche grundlegende Bedeutung der Einsatz von Ingenieurmethoden für ein modernes Brandschutzkonzept hat, mit dem verschiedene baurechtliche Erleichterungen ermöglicht werden sollen.

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