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FDS: Numerische Optimierung und Kooperationen

FDS: Numerische Optimierung und Kooperationen

Dr. rer. nat. Susanne Kilian, Dr.-Ing. Christoph Klinzmann

Fachartikel

2011

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Immer komplexer werdende Gebäude mit architektonischen Besonderheiten, wie etwa Atrien, stellen Ingenieure und Bauaufsichtsbehörden häufig vor die Frage, wie die zugrunde liegenden Gebäudestrukturen und ihre Abweichungen vom üblichen Standardgebäude mit dem starren Baurecht in Einklang gebracht werden können. Speziell im Fall der ausreichenden Rauchableitung oder der Standsicherheit im Brandfall muss bei diesen Gebäuden der Nachweis über moderne Ingenieurmethoden erfolgen. Computergestützte Simulationsprogramme auf Basis moderner Techniken der Computational Fluid Dynamics (CFD) ermöglichen heutzutage in zunehmendem Maße eine individuelle und maßgeschneiderte Abbildung der realen Gebäudeabmessungen und der maßgeblichen Brandszenarien. Ein Beispiel für ein renommiertes CFD-Programm zur numerischen Brand- und Rauchgas-Simulation, das weltweit auf breiter Basis eingesetzt wird, ist der Fire Dynamics Simulator (FDS) [1]. FDS wurde am National Institute of Standards and Technology (NIST) in Maryland/USA entwickelt und steht unter einer Open-Source Lizenz zur freien Verfügung.
Üblicherweise handelt es sich bei den genannten CFD-Nachweisen um ausgesprochen Laufzeit- und Speicherplatz-intensive Simulationen, die nur auf modernen Parallelrechner-Architekturen effizient durchgeführt werden können. Die aktuell eingesetzten CFD-Programme basieren dabei auf hochkomplexen, numerischen Methoden, die über viele Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg entwickelt wurden. Der eingesetzte Programmcode entstammt zumeist aus Zeiten, in denen Parallelrechner-Architekturen noch nicht weit verbreitet waren. So liegen die ausgeklügelten und über einen langen Zeitraum bewährten numerischen Methoden zur Berechnung der betrachteten physikalischen Größen vielfach nur für Einzelprozessor-Anwendungen vor. Die numerische Anpassung an die neuen Multiprozessor-Architekturen ist ein höchst sensibler Prozess, der einen großen strukturellen Aufwand erfordert. Insbesondere muss streng darauf geachtet werden, dass die Konvergenzeigenschaften und die Approximationsgenauigkeit der ursprünglichen seriellen Methodik nicht beeinträchtigt werden.

In diesem Zusammenhang stellt insbesondere die effiziente Parallelisierung der FDS-Druckgleichung noch eine große Herausforderung dar. Um Genauigkeitsverluste bzw. numerische Instabilitäten zu vermeiden, muss die verwendete Strategie zur Parallelisierung unbedingt den ausgeprägt globalen Charakter des physikalischen Drucks berücksichtigen.

Die gegenwärtig in FDS eingesetzte Methodik zur Lösung der Druckgleichung, die parallele Durchführung verteilter Fast Fourier Transformationen (FFT), weist einen eher grobkörnigen und lokalen Charakter auf und wird dieser Anforderung leider nicht in allen Fällen gerecht. So kann insbesondere die fehlerfreie Skalierung auf große Teilgebietszahlen nicht zuverlässig gewährleistet werden. Die Verbesserung der Qualität der parallelen FDS-Version, speziell im Hinblick auf massiv parallele Anwendungen mit hunderten von Prozessoren, wird daher in der offiziellen FDS-Roadmap [2] als sehr dringliches Ziel beschrieben.
In enger Kooperation mit dem amerikanischen FDS-Entwicklerteam am NIST widmet sich hhpberlin daher seit mehreren Jahren dem Design und der Implementierung des alternativen parallelen Drucklösers Scalable Recursive Clustering (ScaRC). Dieser basiert im Gegensatz zum aktuellen FFT-Drucklöser auf einer globalen Philosophie, wodurch gebietsübergreifende Problemabhängigkeiten bestmöglich reproduziert werden. Begleitet wird diese enge Zusammenarbeit durch die deutsche FDS Usergroup, die als übergreifende Plattform für einen intensiven anwenderorientierten und wissenschaftlichen Austausch rund um FDS ins Leben gerufen wurde. Eine wichtige Zielsetzung der FDS Usergroup bestand von Anfang an darin, einen persönlichen Kontakt zwischen den Mitgliedern der FDS Usergroup und den FDS-Entwicklern herzustellen. Auf diese Weise war es in jüngster Vergangenheit bereits mehrfach möglich, Fragen und Anregungen direkt an die Hauptentwickler weiterzugeben und so Einfluss auf die laufende Entwicklung von FDS zu nehmen. Dank des kompetenten und engagierten Entwicklerteams rund um Kevin McGrattan (NIST) ist FDS einer stetigen Fortentwicklung unterworfen. In der offiziellen FDS-Roadmap [2] haben die Hauptentwickler eine Reihe kurz- und mittelfristiger Ziele definiert, zu deren Umsetzung die Unterstützung durch interessierte Entwickler-Teams aus aller Welt sehr willkommen ist.

Der vorliegende Artikel gliedert sich wie folgt: Das erste Kapitel gibt zunächst eine kurze Zusammenfassung über die Ziele und Aktivitäten der deutschen FDS Usergroup. Um einen Überblick über die grundlegenden Funktionsweisen des FFT- bzw. ScaRC-Zugangs zu vermitteln, schließt sich daran eine informelle algorithmische Beschreibung beider Verfahrensklassen an. Es folgen eine Darstellung des aktuellen ScaRC-Entwicklungsstands sowie ein Ausblick auf die in naher Zukunft geplanten Entwicklungsschritte. Um den Zugewinn an Approximationsgenauigkeit und Skalierbarkeit durch die neue ScaRC-Methodik zu illustrieren, werden nachfolgend zwei numerische Vergleichsrechnungen präsentiert, die die betrachteten Drucklöser einander gegenüberstellen. Der Artikel schließt mit einer Diskussion der numerischen Resultate und einer Bewertung der bisher erzielten Erfolge.

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