Evakuierung von Hochhäusern – Erarbeiten eines Ablaufschemas
Patrick Linn
Bachelorarbeit
2012
Der zunehmende Technisierungsgrad der Bauindustrie und die zur Verfügung stehenden hochwertigen Baustoffe ermöglichen es, Hochhäuser mit zunehmender Gebäudehöhe zu realisieren. Gleichzeitig steigt das Interesse, den nur begrenzt zur Verfügung stehenden Raum in Hochhäusern optimal zu nutzen. Dies hat zur Folge, dass immer mehr Hochhäuser vorgestellt werden, welche nur noch über einen innenliegenden Sicherheitstreppenraum erschlossen werden können. Diese Entwicklung wirft Fragen bezüglich der Personensicherheit auf, da mit der Einführung der Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) im Jahr 2008 ein innenliegender Sicherheitstreppenraum in Hochhäusern bis zu einer Höhe von 60 m als einziger Rettungsweg bauaufsichtlich zugelassen ist. Ein zweiter redundant geführter Rettungsweg, wie er nach der Muster-Hochhausrichtlinie (MHochR) aus dem Jahr 1981 üblich war, fehlt in der neuen konzeptionellen Betrachtung gänzlich. Die Erfordernis eines einzigen vertikalen Rettungsweges wird damit begründet, dass mit dem hohen technischen Standard in der Gebäudetechnik, die ständige Rauchfreihaltung eines innenliegenden Sicherheitstreppenraumes im Falle eines Brandes gewährleistet werden kann. Aus der Thematik heraus beschäftigt sich diese Arbeit mit der Evakuierung von Hochhäusern im Gefahrenfall. Der Begriff Gefahrenfall umfasst dabei nicht nur die bauaufsichtlich akzeptierte Brandgefahr, sondern schließt Gefahrensituationen, wie sie beispielsweise aus einer Bombendrohungen heraus entstehen können, mit ein. Die Thematik wird dabei von der Frage geleitet, ob eine sichere und schnelle Evakuierung von Hochhäusern im Gefahrenfall möglich ist und die Rettungswege dazu ausreichend dimensioniert sind. Dazu wurden zunächst die bauaufsichtlichen Bemessungskriterien für Rettungswege der bisher geltenden MHochR 1981 und der neuen MHHR 2008 herausgearbeitet und mit internationalen Standards an den Beispielen der Staaten Großbritannien und den USA verglichen. Auf Basis der Bemessungskriterien der MHochR 1981 und der MHHR 2008 wurden dann zwei Gebäudemodelle entwickelt, um die unterschiedliche Rettungswegsituation in den Modellen darzustellen. Danach erfolgte die Diskretisierung der Gebäudemodelle in die Simulationssoftware PedGo, mit der die Personenstromanalyse durchgeführt wurde. Die Analyse erfolgte szenarienbasiert, mit dem Ziel, Personengefährdungen und Staus in den Modellen zu identifizieren. Die aus der Analyse gewonnenen Ergebnisse wurden dazu eingesetzt, den Evakuierungsverlauf im Simulationsmodell nach MHHR insoweit zu optimieren, dass eine sichere und schnelle Evakuierung in einem Gefahrenfall möglich ist. Im Anschluss wurde untersucht, ob die Anwendung internationaler Bemessungskriterien für Rettungswege einen Einfluss auf die Evakuierungsdauer des Gebäudemodelles nach MHHR hat.
Als ein Ergebnis konnte ermittelt werden, dass eine schnelle Evakuierung im Gefahrenfall nicht ohne Personengefährdungen möglich ist. Demgegenüber ist in einem Brandfall die Evakuierung eines Brandgeschosses sowie des darüber und darunter liegenden Obergeschosses gefahrlos möglich. Weiterhin konnte ermittelt werden, dass eine phasenweise Evakuierung im Gefahrenfall eine sichere, aber keine schnelle Evakuierung ermöglicht. Gleichzeitig geht mit einer phasenweisen Evakuierung eine Verlängerung der Evakuierungsdauer einher. Insgesamt kann festgehalten werden, dass der Verzicht eines Rettungsweges eine Verschlechterung der Personensicherheit darstellt.